Zur weltweiten Hausse der Aktienmärkte passt der Satz, wenn es läuft dann läuft es. In den meisten Regionen sind stabile Aufwärtstrends etabliert. Während manche Länder sogar noch mit halbwegs günstigen Bewertungen glänzen, wird es andernorts schon eng.

Die folgende Übersicht stammt von der immer lesenswerten Seite der Kollegen von StarCapital. Sie  zeigt die Bewertung der Aktienmärkte verschiedener Länder.

Als Bewertungsmaßstab wird das zyklisch bereinigte Verhältnis der Kurse zu den Gewinnen betrachtet. Durch eine längerfristige Betrachtung der von einem Unternehmen generierten Gewinne soll die Auswirkung von Wirtschaftszyklen ausgeglichen werden. Diese Idee stammt von Benjamin Graham und David Dodd und wurde durch Robert Shiller sehr viel später wieder zum Leben erweckt. Bekannt ist es unter den Namen CAPE (Cyclical Adjusted Price Earnings-Ratio) oder  Shiller-KGV.

Kurs-Gewinn-Verhältnis gerade auf Länderebene interessant

Das alles klingt komplizierter als es ist. Die Methode ist sehr simpel. Zunächst einmal schaut man sich die Gewinne der Firmen über mehrere Jahre an. Diese werden um die Inflationsrate bereinigt, so dass man die realen erwirtschafteten Gewinne über diesen Zeitraum betrachtet. Diese setzt man ins Verhältnis zum aktuellen Aktienkurs. Das Resultat ist das um zyklische Veränderungen bereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis.

Viele setzen diese Kennzahl bei der Auswertung von Einzelaktien ein. Für den normalen Anleger wird es jedoch gerade auf Länderebene interessant. Da langfristig an den Aktienmärkten nur zwei Dinge verlässlich funktionieren, Momentum (Trends) und Bewertungsansätze (Value-Investing), sollten langfristig orientierte Anleger sich mit diesen Thematiken auseinandersetzen. Portfolios, die aus einer Gruppe sehr niedrig bewerteter Aktienmärkte zusammengestellt wurden, haben historisch deutlich besser abgeschnitten als passive Portfolios, die auf nur einen Markt oder immer auf den breiten weltweit ausgerichteten Markt gesetzt haben. Der Gewinn liegt auch am Aktienmarkt im Einkauf.

Die folgende Auswertung zeigt einen Vergleich zwischen einem Value-Ansatz mit zwei anderen Strategien.

  • Der Value Ansatz investiert in die Aktienmärkte mit der niedrigsten Bewertung (gemessen am CAPE).
  • Die erste Alternative ist ein klassisches buy and hold Portfolio, bei dem der Anleger immer vollständig im US-Aktienmarkt investiert ist.
  • Die zweite Alternative ist im US-Aktienmarkt investiert, wenn die Bewertung nicht zu hoch ist (CAPE < 20). Bei einer zu hohen Aktienbewertung wechselt der Anleger in Anleihen. (Grafik: Mebane Faber)

Die Umschichtungen finden nur einmal jährlich statt. Das ist nicht schön für den Broker, aber man handelt ja für sich und nicht für andere. Man zieht sich ja auch keine Jacke an, weil dem Nachbarn kalt ist. Hinsichtlich möglicher Änderungen der Steuergesetzgebung bietet sich zudem eine gewisse Flexibilität. Sollte die Steuerfreiheit nach einem Jahr Haltedauer wieder eingeführt werden, tut es aus Modellsicht auch nicht weh, erst nach 13 Monaten umzuschichten.

Der systematische Anleger braucht Disziplin und Überzeugung

Die Systematik ist sehr simpel und erfordert gerade deshalb vom Anleger hohe Disziplin. Ohne den Gedanken, ein Portfolio zu steuern, in dem auch manche ETFs zumindest temporär stark verlieren können, wird niemand so einen Ansatz durchhalten. Wer anfängt, bestimmte Werte auf Grund persönlicher Vorlieben oder eines Geistesblitzes zu verkaufen und sich so von seiner Strategie verabschiedet, der wird Schiffbruch erleiden. Gerade von einem oft zur Unzeit einsetzenden überbordenden Optimismus wie er derzeit an den US-Märkten zu beobachten ist, lässt sich ein systematischer Anleger nicht irritieren. Zu teuer ist in diesem Fall zu teuer und daran ändert sich auch nichts, wenn man der einzige ist, der das so sieht.

Für den dargestellten Ansatz, der sehr wohl für viele Normalbürger tauglich sein sollte, gilt das gleiche, wie für alle systematischen Ansätze. Man muss sie verstehen und die anstehenden Umschichtungen nachvollziehen können. Man muss generell von seinem gewählten Ansatz überzeugt sein, denn die Schwierigkeiten tauchen dann auf, wenn es einmal ein paar Monate nicht so gut läuft wie vielleicht beim Nachbarn. Wer einen Ansatz hat, den er nachvollziehen und auch in solchen Phasen durchhalten kann, der hat gute Chancen langfristig deutlich besser dazustehen als viele andere. Zudem haben systematische Ansätze den Vorteil, nicht allzu viel Lebenszeit in Anspruch zu nehmen. Und Zeit ist bekanntlich durch nichts zu ersetzen.

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